Die Alexianer Sachsen-Anhalt GmbH wird die Tagesklinik St. Nikolaus in Jessen zum 30. September 2025 schließen. Damit endet nach knapp zweieinhalb Jahren der Betrieb der Einrichtung.
Die Entscheidung ist den Verantwortlichen nicht leichtgefallen. Sie steht im Zusammenhang mit den aktuellen politischen Rahmenbedingungen in der psychiatrischen Versorgung. Schon heute ist die Personalgewinnung im ländlichen Raum eine große Herausforderung. Mit der ab dem 01.01.2026 strafbewehrten Psychiatrie-Personalverordnung (PPP-RL) verschärft sich diese Situation jedoch nochmals deutlich: Bereits geringe Abweichungen bei der Stellenbesetzung können künftig erhebliche Sanktionen nach sich ziehen.
„Dieses Damoklesschwert der PPP-RL schwebt über uns Psychiatrien. Es macht den Betrieb kleiner Einheiten wie unserer Tagesklinik in Jessen praktisch unmöglich, sobald die Vorgaben ab dem 01.01.2026 sanktionsbewehrt werden“, erklärt PD Dr. med. Dr. rer. nat. Christian Stoppel, MBA, Chefarzt der Klinik für Psychische Erkrankungen an der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg. Die PPP-Richtlinie schreibt vor, wie viele Ärzte, Pflegende und Therapeuten in psychiatrischen Einrichtungen für eine bestimmte Zahl an Patienten vorhanden sein müssen. „Das klingt sinnvoll, führt in der Praxis aber zu Problemen: Schon kleine Personalengpässe – etwa durch Krankheit oder offene Stellen – können zu harten Strafen führen. Große Kliniken können das leichter abfangen, kleine Tageskliniken auf dem Land dagegen kaum. So droht ausgerechnet dort ein Versorgungsabbau, wo wohnortnahe Angebote besonders wichtig wären“, unterstreicht der Chefarzt.
Petra Stein, Geschäftsführung der Alexianer Sachsen-Anhalt GmbH betont: „Wir bedauern diesen Schritt zutiefst. Unsere Mitarbeitenden haben in den vergangenen Jahren mit großem Engagement und Herzblut gearbeitet und die Versorgung unserer Patienten in Jessen sichergestellt. Gleichzeitig sehen wir uns gezwungen, auf die strukturellen Folgen der gesetzlichen Vorgaben hinzuweisen: Gerade in ländlichen Regionen drohen Versorgungsangebote wegzufallen, weil die Personalvorgaben dort kaum erfüllbar sind. Wir hoffen, dass diese Entwicklung von der Fachpolitik aufmerksam verfolgt und kritisch überprüft wird.“
Für die Patientenversorgung in der Region ändert sich durch die Schließung nichts: Die Behandlungsplätze, die bislang in der Tagesklinik Jessen vorgehalten wurden, werden wieder am Standort an der Alexianer Klinik Bosse Wittenberg angeboten.
Alle Mitarbeitenden der Tagesklinik Jessen verfügen über einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei der Alexianer Sachsen-Anhalt GmbH. Gemeinsam hat man passende Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens gesucht.
Allgemeine Information zur PPP-RL:
Die PPP-Richtlinie (PPP-RL) gibt es seit dem 1. Januar 2020. Sie wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossen und trat damals zunächst in einer Einführungsphase in Kraft. Von 2020 bis Ende 2023 galt eine Art Übergangsregelung: Kliniken mussten schon Personalnachweise erbringen, aber es gab noch keine finanziellen Sanktionen. Ab 1. Januar 2024 werden die Vorgaben verbindlicher überprüft. Ab 1. Januar 2026 sind Sanktionen bei Nichteinhaltung vorgesehen – d. h. Kliniken müssen dann bei Abweichungen mit Kürzungen ihrer Vergütung rechnen.